14.03.2024
„Christo und Jeanne Claude – Ein Leben für die Kunst“ lautet der Titel der Ausstellung, die vom 13. April bis 13. Oktober 2024 im Kunstmuseum Lindau zu sehen ist. Die Werkschau, die in Zusammenarbeit mit der Christo und Jeanne-Claude Foundation entstanden ist, zeigt virtuose Zeichnungen, detailreiche Collagen, frühe Objekte und faszinierende Fotografien. Sie dokumentiert die lebenslange Reise, die die beiden Ausnahmekünstler immer wieder zu ihren temporären Großprojekten gebracht hat – Projekte, die Millionen von Menschen zusammengeführt und unseren Blick auf die Welt verändert haben.
Sie haben den Reichstag verhüllt, einen gigantischen Vorhang zwischen zwei Berghänge in Colorado gespannt und es hunderttausenden von Menschen ermöglicht, über das Wasser des Iseosees zu gehen. Christo und Jeanne-Claude waren Visionäre – sie wurden nie müde, an ihre Träume zu glauben. Ihre monumentalen Projekte wurden zu Pilgerstätten auf der ganzen Welt. Die Lindauer Sonderausstellung gewährt nun mit bemerkenswerten Leihgaben Einblicke in das Schaffen und Lebenswerk des Künstlerpaares, das sich stets mit Vehemenz und Überzeugung für seine Kunst im öffentlichen Raum einsetzte und im Übrigen alle Arbeiten selbst finanziert hat.
In Lindau erleben die Ausstellungsbesucherinnen und Besucher, neben den kühnsten Träumen des Künstlerpaares und den originalen Werken von Christo, den besonderen Blick des exklusiven Fotografen und Wegbegleiters Wolfgang Volz, der seit 1972 in enger Zusammenarbeit mit dem Paar die internationalen Projekte dokumentarisch begleitet hat. Vor allem seine Aufnahmen haben dazu beigetragen, die Entwicklung und Realisierung der einzigartigen Kunstwerke für eine breite Masse erlebbar zu machen. Und so sind sowohl die Skizzen und Collagen als auch die Fotografien zu eigenständigen Kunstwerken geworden, die die Vergänglichkeit der Projekte dokumentieren und sie gleichzeitig unvergesslich machen und die Zeit überdauern lassen.
Die Schau mit dem Untertitel „Ein Leben für die Kunst“ beleuchtet aber nicht nur das Werk des wohl bedeutendsten Künstlerduos unserer Zeit, sie erzählt auch die berührende Geschichte eines Paares, das sich auf Augenhöhe begegnete, sich gegenseitig unterstützte, nicht ohne einander konnte. Christo und Jeanne-Claude sind am selben Tag, am 13. Juni 1935, geboren, er in Bulgarien, sie in Marokko. Sie begegneten sich 1958 in Paris und wurden ein Paar. Gemeinsam verwirklichten sie ihre aufsehenerregenden Projekte, wie etwa die Installation »The Gates« im New Yorker Central Park (1979–2005), »The Floating Piers« auf dem Iseosee in Italien (2014–16) oder die Verhüllung des Reichstags in Berlin (1971–95). Er war dabei der Visionär, der bereits in vollkommener Perfektion in seinen Zeichnungen jede Falte festlegte, sie das Kommunikationstalent. Beide waren getrieben von einer fast schon kindlichen Freude, über Grenzen zu gehen, gemeinsam konnten sie begeistern. Nach dem Tod von Jeanne-Claude im Jahr 2009 arbeitete Christo allein weiter. Er starb 2020.
Kuratiert wird die diesjährige Sonderausstellung von Prof. Dr. Roland Doschka und von Dr. Sophie Sümmermann. Die gebürtige Lindauerin ist eng mit der Christo und Jeanne-Claude Foundation in New York verbunden, die einen Großteil der Werke für die Ausstellung zur Verfügung stellt. „Diese Werkschau“, verspricht die Kunsthistorikerin, „wird innovativ und zugänglich sein“. Es ist die erste Ausstellung des Kunstmuseums Lindau, die nicht nur im Museum selbst, sondern auch durch großformatige Fotografien im Außenraum auf der Lindauer Insel zu sehen sein wird. Die Werke und Fotografien präsentieren das facettenreiche Bild einer künstlerischen Reise und ermöglichen den Besucherinnen und Besuchern das Eintauchen in ein Leben für die Kunst. „Christo und Jeanne-Claude waren einzigartig, pulsierend und nie müde, an ihre Träume zu glauben, und zeigen uns einmal mehr in diesen Zeiten, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen. Ihre Kunst scheint zu beweisen: Alles ist möglich“, so die Kuratorin. Unvergessen ist beispielsweise das Ringen um die Genehmigung für die Verhüllung des Reichstages in Berlin: Dreimal war das Projekt bereits abgelehnt worden. 1994 schließlich stimmte der Deutsche Bundestag nach einer hitzigen Debatte für das Vorhaben – fast 25 Jahre lagen zwischen den ersten Skizzen und der Realisierung.
Roland Doschka war vor mehr als zehn Jahren gemeinsam mit Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn der Initiator für die erfolgreichen Sonderausstellungen in Lindau. Seit 2011 sind die Präsentationen des Kunstmuseums Publikumsmagnete, die in der Vergangenheit rund 800.000 Besucherinnen und Besucher nach Lindau geholt haben. Die Ausstellungsvorbereitungen wecken bei Doschka ganz persönliche Erinnerungen an die Verhüllung des Reichstages im Jahr 1995. „Der nächtliche Besuch des hell erleuchteten und umhüllten Reichstages ist in meinem Leben ein besonderer Höhepunkt. Dass Christo und Jeanne-Claude mit einer Ausstellung nach Lindau und damit in mein Leben zurückkehren, ist für mich ein großes Geschenk und erfüllt mich mit Freude“, sagt Doschka. „Christo und Jeanne-Claude sind das wohl berühmteste Paar der zeitgenössischen Kunst“, so Alexander Warmbrunn. „Ihr Werk passt in keine Schublade und geht weit über die bekannten Verhüllungsaktionen hinaus – unsere Ausstellung erzählt die Geschichte dieses außergewöhnlichen Paares, das zu einer Künstlerperson verschmolzen ist.“
Mit den erfolgreichen Sonderausstellungen hat sich die Inselstadt Lindau in den vergangenen Jahren einen Namen in der Kulturszene gemacht. Ein ganz besonderer Höhepunkt steht im kommenden Jahr an: Das Stadtmuseum der Lindauer, der Cavazzen, wird nach der umfassenden Renovierung und Neukonzeptionierung wiedereröffnet. „Ich freue mich, dass es gelungen ist, in diesem Jahr noch einmal eine so vielversprechende Sonderausstellung in unserem Interimsmuseum im alten Postgebäude auf die Beine zu stellen, bevor wir unsere künftigen Sonderausstellungen im Cavazzen in einem großartigen Umfeld präsentieren können“, sagt die Lindauer Oberbürgermeisterin Dr. Claudia Alfons.
„Christo und Jeanne Claude – Ein Leben für die Kunst“
Kunstmuseum Lindau | Maximilianstraße 52 | 88131 Lindau
13. April – 13. Oktober 2024 | täglich 10 – 18 Uhr
Für Bilder wenden Sie sich bitte an Frau Stefanie Bernhard-Lentz vom Kulturamt Lindau. Kontakt siehe unten: